Ein Blick in und aus dem Turm von St. Bonifatius

Geschrieben am 05.03.2025
von Christiane Adam

Wanderfalken Lingen, so heißt ein Youtube-Kanal. Wenn man ihn auf der Videoplattform sucht, so kann man einen Blick in den Kirchturm von St. Bonifatius werfen. Dort ist seit dem Herbst 2019 ein Kasten angebracht, damit sich Wanderfalken in ihm niederlassen können.



„Ende der 1970er Jahre gab es in Deutschland nur noch rund 40 Brutpaare. Zu der Zeit wurde noch DDT als Insektizid eingesetzt. Das führte dazu, dass die Eierschalen sehr dünn wurden und die Eier zerbrachen“, erklärt Bernward Rusche, Vorsitzender des NABU Emsland Süd. Zudem wurde der Bestand durch Taubenzüchter und den Verkauf von Jungtieren ins Ausland bedroht. Mittlerweile gilt die Art wieder als stabil. 

Dafür sorgen auch Initiativen wie die des NABU, Paaren eine Behausung anzubieten. Eine solche findet sich also seit 2019 im Turm von St. Bonifatius, und 2022 fand sich auch das erste Wanderfalkenpaar ein. Leider verunglückte das Weibchen, und das Männchen ist kurz danach auch verschwunden. Nun aber hat sich ein neues Paar eingenistet.



Bernward Rusche, Vorsitzender des NABU Emsland Süd, vor dem Turm von St. Bonifatius.

„Wir möchten wissen, was da oben passiert“, begründet Rusche die Installation der Kamera. Eine der Kameras ist so angebracht, dass sie im Kasten filmt, eine andere filmt aus dem Kasten heraus. Der Kasten selbst ist mit Steinchen und anderen Kleinteilen befüllt, damit die Eier nicht wegrutschen können. 

Weil der Arbeitskreis Wanderfalkenschutz des NABU NRW Falken beringt, solange sie noch sogenannte Nestlinge sind, weiß man beim NABU Emsland Süd, dass das Männchen von der Basilika in Rheine und das Weibchen von einem Sendemast in Ahaus stammt. „Bei Wanderfalken ist es so, dass die Jungtiere mehrere Monate im Familienverband bleiben und dann auswandern“, erläutert Rusche. Der Name Wanderfalke rühre eben daher. Die erwachsenen Tiere verbleiben jedoch lebenslang an ihrem selbst gewählten Heimatort.


In Lingen gibt es weitere Brutpaare, beispielsweise auf einem gemauerten Schornstein der Raffinerie in Holthausen oder dem Sendemast in Schepsdorf. Ersten Nachwuchs können die Lingener im Frühjahr erwarten. „Es werden dann nacheinander bis zu vier Eier gelegt, die einen guten Monat lang bebrütet werden“, so Rusche. Das typische Muldenscharren, eine Vorbereitung des Nestes, habe das Weibchen bereits gezeigt. 

Der Falke gelte als das schnellste Tier der Welt: Mit etwa 300 km/h stürze er sich wie ein Pfeil auf seine Beute. Diese bestehe fast ausschließlich aus anderen Vögeln, z. B. Tauben. Das erklärt, weshalb der Falke bei Taubenzüchtern nicht sehr beliebt ist. Dies und weiteres Wissenswertes findet sich auf einer Infotafel in der Kirche St. Bonifatius. Live kann man sich die beiden, die übrigens noch keine Namen tragen, auf Youtube ansehen. Dort kann man auch mehrere Stunden zurückspulen.